Dienstag, 16. August 2011

Deseda-Feszt - Übermut tut selten gut

Kaposvar in Ungarn. Ein Stück vom Balaton entfernt. Dort fand das Deseda-Feszt statt. Mit dabei auch die OverAlls. Und ihr zweiter Ungarn-Gig sollte dem ersten in Sachen Kuriosität um nichts nachstehen.

Es begann wie immer. Man traf sich in Eisenstadt beim Proberaum der Band, belud die zwei Autos, kaufte noch etwas Verpflegung ein und machte sich auf nach Ungarn. Die Protagonisten: Die Band, der Techniker und meine Wenigkeit in der Rolle des Bandmanagers. 

Die Reise war ein Erlebnis. Ungarische Straßen sind spannender als jede Achterbahn und die Überholmanöver ließen einen über diverse Sterblichkeitsraten im Ungarischen Straßenverkehr spekulieren. Im schönen Kaposvar angekommen überfuhr ich beinahe noch eine selbstmörderisch veranlagte ältere Dame (ABS + Bremsen des kleinen VW Lupos erwiesen sich als 100%ig funktionstüchtig), woraufhin die Suche nach dem Quartier folgte. Die nette kleine Pension war außerordentlich zufriedenstellend. Highlight - zumindest für Gitarrist/Sänger Andreas und mich - der vis-a-vis lebende "Fledermaushund" ("HWUFF").

Der Hunger quälte, doch die Zeit drängte. Also entschlossen wir uns für McDonalds (Bitte keine Kommentare). Überrascht waren wir dann, dass man doch auch dort typisch ungarisch essen kann. Unglaublich aber wahr: Dort gibt es tatsächlich einen Burger mit ungarischer Knoblauchsalami. Verblüffung groß. Andi aß eben jenen und bewunderte die Freizügigkeit mancher älteren Ungarinnen. Unwohlsein groß (auf Grund der Freizügigkeit - nicht des Burgers wegen).

Ab zum Gelände. Angekommen wurden wir recht nett begrüßt. Warteten auf die Einweisung und fuhren auf's Gelände. Erhielten weitere Anweisungen von den ruppigen und in Nahkampf und Bodybuilding schwer trainierten Securities auf ungarisch. Leichte Verängstigung.

Das Festival fand auf einem großen Campingplatz statt. Es gab drei Bühnen. Die Veranstaltung war für drei Tage anberaumt worden. Wir befanden uns am ersten.
Wir checkten mal das Gelände ab und waren von der Größe der Bühnen beeindruckt. Auch die mittelgroße, auf welcher die OverAlls später spielen sollten, war wirklich nicht zu verachtend groß.
Wir fanden Lord Bishop und seine Band (mit diesen jenen waren die OverAlls auf U.K.-Tour). Die Wiedersehensfreude war groß.

Viele Besucher waren noch nicht am Gelände. Eigentlich hätte das Programm ja auch schon starten sollen. Ein Bandbetreuer war nirgends zu finden und keiner wusste, wo bzw. ob es einen Backstagebereich gibt. Außerdem wusste niemand, wo bzw. ob es Getränke und Essen gibt.
Nach längerer Unwissenheit wurde langsam klar, dass es nichts dergleichen zu finden gab. Verwunderung. Schließlich war Verpflegung ja eigentlich vertraglich gesichert.
Nunja. Also wurde die Veranstalterin gesucht. Nachdem man sie gefunden hatte, bekam man sogar ein paar Bier. Belohnung quasi. Allerdings mit dem Hinweis, dass wir wegen jedem einzelnen Getränk zu ihr kommen müssten. Seltsam. Und schwierig. Schließlich war sie auf dem großen Gelände nicht so einfach zu finden. Die Sache mit dem Essen klärte sich dann auch. Sie fragte nach und kam mit der Nachricht zurück, dass es nichts geben würde, da der Koch schlecht drauf sei. So eine Erklärung gibt's auch nicht oft.

Über die laufenden Verzögerungen waren auch keine näheren Informationen herauszufinden. Man wusste nicht, wann genau Stage Time sein würde. Man sprach mit den anderen Bands und errechnete sich eine ungefähre Zeit, zu der es realistisch schien.
Das schöne Festivalgelände, bewacht von den schon beschriebenen Securities sowie einer berittenen (!) Polizei war ja wirklich nett und einladend, doch nach dem 5 Spaziergang ("Geh'n wir mal 'ne Runde") war auch das langweilig und wir sehnten sich nach einem Backstagebereich. Aber man kann ja nicht alles haben.
Ewig lange Wartezeit später waren immer noch nicht viel mehr Besucher am Gelände. Ich persönlich schätze die Zahl auf 200 bis 300, was angesichts des unglaublich großen Areals wirklich nichts war.
Endlich war es soweit. Die ganz nette Janis Joplin Coverband beendete ihr Set und die Umbauarbeiten begonnen. Gemach, gemach, war das Motto der dortigen Angestellten. Der für uns zuständige Stagetechniker Attilla war aber wirklich nett und bemüht.
Soundcheck verlief halbwegs gut. Man startete.
Und dann begannen die Probleme. Überall surrte es, da Licht, Ton und alles andere auf einen Stromkreis liefen. Die Gitarre setzte aus und man suchte lange nach dem Grund, fand ihn schlussendlich in einem funktionsunfähigen Verteiler auf der Bühne. Die Mikroklemme war nicht passend für das Mikro (beides vom Festival gestellt), was dazu führte, dass es runterfiel. Actionmäßig schmiss sich Andi auf die Knie und sang weiter. Nunja. Die Bassdrum musste vorher noch mit Gaffa am Drumriser festgeklebt werden damit sie nicht wegrutscht, das Licht war schmächtig gesteuert (trotz Venue-eigenem Lichttechniker und irrsinnig vieler Scheinwerfer), und auch spielerisch war die Band nicht ganz so unterwegs, wie man es von ihnen gewohnt war. Natürlich eine absolut gute Leistung, aber die fehlende Motivation durch schlechte Organisation und schlechte Technik machte sich nunmal für mich persönlich bemerkbar. Für Außenstehende war das nicht wirklich ersichtlich, für mich aber nach so vielen Konzerten schon.
Die Leute, die sich vor der Bühne einfanden, waren aber mehr als begeistert. Die Show glückte doch noch. Erleichterung.
Die Stimmung war trotzdem leicht angespannt.

Nachdem man zusammen das Zeug von der Bühne geräumt hatte, begann die Band damit, die Autos zu beladen, während ich mich auf die Suche nach der Veranstalterin machte. Nach längerer Suche fand ich sie schließlich. Ich wollte eigentlich nur schnell die Gage abholen damit man sich auf den Weg in's Hotel machen konnte. Am folgenden Tag stand ja der nächste Gig an.
Die folgenden Minuten möchte ich jetzt gar nicht näher erzählen. Ergebnis ist jedoch, dass sie mir klar machte, dass sie zahlungsunfähig sei. Nicht nur uns gegenüber, sondern anscheinend so ziemlich jeder Band gegenüber. Einige haben ihre Auftritte schon spontan abgesagt. Hier erklärt sich die oft verwendete Vertragsklausel, dass die Gage vor dem Auftritt ausbezahlt werden muss.
Nunja. Die Veranstalterin hoffte, sie könne innerhalb der nächsten Stunde noch Geld auftreiben. Wir gesellten uns zu Lord Bishop und seinen Musikern und machten das beste aus der Situation. Man plauderte, spaßte, und trieb Bier auf.

Spät Nachts fuhren wir dann (ohne Geld in der Hand, aber mit einer anderen Lösung) zurück. Ein Halt bei Tesco. Auch dort fanden wir nichts zu essen. Also blieb nichts anderes übrig, als erneut zu McDonalds zu fahren. Was soll man tun.
Im Hotel wurde noch geduscht, geraucht und schließlich schlafen gegangen.

Zumindest gab es am nächsten Morgen Frühstück mit Kaffee und Tee und recht netter Bewirtung des Pensionsbesitzers.

Dann ging's ab Richtung Österreich. Holprige Straßen, verrückte Überholmanöver von selbstmörderisch veranlagten Ungarn und laute Musik im Auto beendeten diese Reise.

Was bleibt? Die Hoffnung auf die Gage im Nachhinein. Das Bewusstsein, dass Autofahren in Ungarn mehr als nur spannend ist, und dass man als Veranstalter doch mal sein Bewusstsein für Risikomanagement einschalten sollte. 
Deseda fand das erste Mal statt. Und das gleich mit drei Bühnen an drei Tagen auf einem unglaublich großen Gelände. Übertreibung ist hier gar kein Ausdruck. Ein Festival zu veranstalten ist nunmal nicht vergleichbar mit einer kleinen Geburtstagsfeier. Das sollten die Verantwortlichen hier gelernt haben.
Ob das Festival weitergeführt wurde, konnte ich leider nicht rausfinden. Sämtliche Informationen im Internet waren auf Ungarisch.

Doch wir für unseren Teil haben das ganze nicht negativ gesehen. Es war eine lustige Reise und der darauffolgende Gig am nächsten Tag hat sowieso für alles wieder entschädigt. Ein Eintrag hierzu folgt noch.
Und gelacht haben wir in Ungarn auch viel. Allein schon dank dieses "Fledermaushundes".

Wuff!